2007 erschien  unter Beteiligung vieler
aktiver Waschhausgängerinnen und -gänger der Band:


216 S., 42 Abb., ISBN 978-3-932696-63-3,
broschur, 14,80 Euro
(Bestellungen über den Buchhandel oder direkt beim Verlag: bestellung@bockelverlag.de
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„Das Wachstum der Großstädte zwingt die Städtebauer zu neuartigen Lösungen“, schrieb 1962 der damalige Erste Bürgermeister Hamburgs, Dr. Paul Nevermann. „Hamburg ist in der glücklichen Lage, durch die Errichtung eines neuen Geschäftsgebiets im Norden des Stadtparks eine wirksame Dezentralisierung herbeizuführen. Kaum eine andere deutsche Großstadt kann Baulandreserven, wie sie hier erschlossen werden, anbieten.“
In wenigen Jahren wurde auf einem Gebiet neben dem Hamburger Stadtpark eine Trabantenstadt errichtet. Der städtebauliche Ideengeber und Planer der City Nord war der Architekt Werner Hebebrand (1899-1966), - von 1952 bis 1964 Oberbaudirektor in Hamburg. Nach seinem Tod wurde eine Straße im nördlichen Teil der City Nord nach ihm benannt.
Ein vielfältiges soziales Leben wollte der Planer der „Bürostadt im Grünen“ verwirklicht wissen: „Hier sollen die zur Bedienung des Gebiets notwendigen Betriebe untergebracht werden. Es ist Platz für ein Hotel, für ein Lichtspieltheater (oder Theater), für Bankfilialen, Restaurants und Bars (auch Tagesbars), für Läden und ein Warenhaus. Auch wäre die Unterbringung von Behörden - möglicherweise einer Finanzdienststelle - möglich, Andachtsräume (evangelisch und katholisch) sind denkbar.“ Mit schwärmerischer Fortschrittsgläubigkeit schrieb Hebebrand bereits 1959 über die Verkehrsanbindung der „Geschäftsstadt Nord“, daß in Zukunft als „Lufttaxis“ eingesetzte Hubschrauber das Areal mit der Hamburger Innenstadt verbinden sollten.
Etwa in der ausgehenden Blütezeit von Stadtplanern wie Werner Hebebrand, im Jahr 1965, veröffentlichte der Frankfurter Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich (1908-1982) ein Buch: „Die Unwirtlichkeit unserer Städte. Anstiftung zum Unfrieden“.
Er beklagte, daß beim Wiederaufbau der kriegszerstörten Städte in Deutschland eklatante Bausünden durch die Stadtplaner begangen worden waren. Mitscherlich wies darauf hin, daß Städte einst einen eigenen Charakter hatten. Er selbst nennt es das „Herz“. Dieses fehle in den Zentren der Trabantenarchitektur.
Die Städte von einst hatten integrierte Lebens- und Arbeitsräume. Das wurde „funktionell entmischt“: Hier Büro, - da wohnen, - dort Freizeit, - hier Kindunterbringung, - da Altenablage. Und alles ist adrett in Beton geordnet. Die so gestalteten Städte haben Rückwirkungen auf die Sozialisation ihrer Bewohner. Ein konstruktives Sozialverhalten fördern sie nicht, vielmehr lassen sie soziales Engagement gar nicht erst aufkommen, - der „Dschungelaspekt der Konkurrenzgesellschaft“ (Mitscherlich) dominiere in ihnen.
Bei einem Spaziergang durch die City Nord fällt auf, daß man dieses Stadtgebilde jedem x-beliebigen Ort in Deutschland, Europa, ja der ganzen Welt zuordnen kann. Ein spezifisches „Herz“, Identifikation stiftende Angebote, sucht man vergebens.

Die vorliegende Anthologie stellt in Geschichten, Reportagen, Dokumentationen Alltagsleben in und um die Hamburger City Nord herum dar. Damit begeben sich die Beiträge in das Spannungsfeld zwischen jenen technokratischen Utopien, die Stadtplaner wie Hebebrand einst an ein „modernes“ Stadtleben knüpften, und ihrer Kritiker, die wie Mitscherlich vor sozialer Entfremdung in Betonlandschaften warnten.
Vielfältige Aspekte werden aufgegriffen, ob es dabei um Geschichten über Bauernproteste vor Lebensmittelfirmen in der City Nord geht oder über ein Neujahrsfest im Heim am Dakarweg, - das Aufeinandertreffen einer Vielzahl von Nationalitäten am Wesselyring oder Freizeitaktivitäten wie Schachspielen im Stadtpark, - Einsamkeitserfahrungen trotz hoher Einwohnerdichte oder Weihnachten als Muslim, - die allmorgendlich „putzenden Kopftuchbataillone“ in den Bürobauten oder Rendezvous-Erfahrungen unterm Planetarium, - historische Betrachtungen über den Stadtplaner Werner Hebebrand oder auch nur einer kurzen Begegnung mit Inge Meysel, die für kurze Zeit zu den ersten Bewohnerinnen der City Nord gehörte, und anderes mehr: Die Texte sind kleine Seismographen, mit denen Ansprüche von einst an das Stadtleben und Alltagswirklichkeiten von heute überprüft werden.

Vier Themenschwerpunkte werden aufgegriffen:
·     Historische Betrachtungen zu dem Gebiet, auf dem die heutige   „Trabantenstadt“ errichtet wurde und zur
      Entstehung der City Nord.

·     Alltagsgeschichten aus der City Nord.
·     Geschichten aus den Wohnsiedlungen neben der „Bürolandschaft im Grünen“.
·     Der nahe gelegene Stadtpark und seine Bedeutung für die Menschen.
Die Texte geben einen Eindruck von dem Leben in einem Hamburger Stadtgebiet, das mit dem Image des „Unwirtlichen“ zu kämpfen hat und bisher noch nie in einem Stadtteilbuch gewürdigt wurde. Der Band beweist: Die Wüste lebt!

Der Leser erfährt auch: Am Rand der City Nord, in der Siedlung am Wesselyring, stößt man auf ein vielfältiges soziales und kulturelles Leben. Hier liegt das Waschhaus am Wesselyring 51, wo sich auch die Aktivistinnen und Aktivisten einer Schreibwerkstatt regelmäßig treffen und sonntäglich Lesungen stattfinden, bei denen auch durchaus „bekanntere Namen“ auftreten. Organisiert werden diese Aktivitäten seit einigen Jahren von dem Hamburger Schriftsteller Peter Schütt. Mit einer kleinen Chronik von über 100 „Waschhauslesungen“ der letzten 3 Jahre werden diese Aktivitäten im Anhang des Bandes dokumentiert.

Beiträgerinnen und Beiträger des vorliegenden Bandes sind: Sabine Ackermann, Akram Ahmadi, Michael Baade, Wolfgang Beutin, Rolf von Bockel, Heiko van Dieken, Anita Dulski, Heidi Egbering, Maren Egbering, Angelika Flotow, Uwe Grapenthien, Ahmad Husseini, Rainer Kellner, Gabriele Krause, Otto Leunig, Morassah Mazloumsaki, Hans Otte, Ilyas Özdemir, Carmen Peche, Sylvia Schmudlach, Peter Schütt, Margret Silvester, Hans Georg Timm, Gerda Zorn.

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